Nix für die Tonne: Was Restaurants gegen Food Waste tun können

In Restaurants, Take-Away und Catering wird fast die Hälfte der Lebensmittel entsorgt. Was sind die Ursachen von Food Waste? Was können Restaurants dagegen tun?

Klaus Haberkern
Juni 17, 2022

In Restaurants, Take-Away und Catering wird fast die Hälfte der Lebensmittel entsorgt - die Sorgen bleiben jedoch. Umso mehr, da in den letzten Jahren ein Trend zum Take-Away, Delivery und Auswärts Essen zu verzeichnen ist. Food Waste durch die Gastronomie nimmt also zu. Was sind eigentlich die Ursachen von Food Waste? Was können Restaurants dagegen tun? Was sind die Vor-und Nachteile der Lösungsansätze?

 

Auswärts Essen: Der Sündenfall?

Laut Studien der Bundesumweltämter in Deutschland und der Schweiz  ist das Ausmass der Lebensmittelabfälle schockierend, das gilt insbesondere für das Essen ausser Haus. In der Schweiz werden über die gesamte Wertschöpfungskette - Produktion, Handel, private Haushalte und Ausser-Haus-Verpflegung - 37 Prozent der Lebensmittel nicht genutzt. In absoluten Zahlen: 330 kg Food Waste pro Kopf und Jahr. In der Gastronomie landen sogar 44 Prozent im Müll statt im Magen. Und in Deutschland ist es nicht anders. Woran liegt das?

 

Die Gründe für Food Waste in der Gastronomie sind vielfältig und reichen von den hohen Standards - was ist noch essbar bzw. verkäuflich im Rahmen des Konzepts des Restaurants, welcher Aufwand und Abfall für kulinarische Erlebnisse ist gerechtfertigt -, über die gesetzlichen Vorschriften zur Lebensmittelhyghiene und -frische, z.B. Mindesthaltbarkeitsdatum, bis hin zur Abweichung von Planung und Einkauf zur Auslastung im Restaurant bzw. der Nachfrage. 

 

Und schliesslich: Wird auch verzehrt, was bestellt oder aufgetischt wurde? Denn häufig bestellen die Gäste mehr als sie tatsächlich essen. Das hinterlässt Food Waste, mehr als nötig. 

 

Warum Food Waste vermeiden: der ökologische Fussabdruck

Für den ökologischen Fussabdruck durch Ernährung sind drei Aspekte von Bedeutung: Erstens, was wird überhaupt hergestellt und konsumiert. Den Nahrungsbedarf mit Fleisch zu decken verbraucht bekanntlich mehr Ressourcen bei der Herstellung als die Ernährung mit Getreide oder Gemüse. 

 

Zweitens, in welcher Form wird die jeweilige Nahrung überhaupt konsumiert? Werden die Lebensmittel weit hin und her gefahren, gekühlt oder verpackt? 

 

Und schliesslich, in welchem Umfang wird überhaupt genutzt, was hergestellt, gehandelt, verarbeitet wird. Food Waste, worum es hier hauptsächlich geht.

 

Waste for Food: Verbrauch in der Herstellung

Jede Möhre, die geerntet und gehandelt wird, hinterlässt nicht nur ein Loch im Boden, sondern auch einen sogenannten ökologischen Abdruck. Die Produktion kostet Energie, die Verpackung, der Transport, die Kühlung, die Zubereitung, ja selbst die Entsorgung.

 

Food Waste ist damit nicht nur ungenutzte Energie: Die Möhre wird nämlich nicht nur nicht verzehrt und nährt folglich nicht. Die Möhre verzehrt selbst Energie.

 

Food Waste vermeiden spart damit also einerseits Energie, da weniger hergestellt werden muss. Andererseits verpufft weniger Energie ungenutzt. Wenn nur produziert würde, was tatsächlich auch konsumiert wird, dann würden Ressourcenverbrauch und Aufwand entlang der gesamten Wertschöpfungskette - die heute also auch eine Wertvernichtungskette ist - geringer ausfallen. Und weniger Food Waste freilich auch.

 

Wasser

Wasser wird nicht nur für die Bewässerung der Felder und für die Tränke benötigt, sondern in der Gastronomie auch für die Reinigung der Lebensmittel, der Hände, Utensilien, Küche und Lagerräume. Bei der Verarbeitung wird also Wasser verbraucht. Und werden Nahrungsmittel weggeschmissen, dann gewissermassen Wasser gleich mit.

 

CO2

Beim CO2 ist es nicht anders. Herstellung, Transport, Kühlung, Lagerung verbrauchen CO2. Sind sie unnötig, weil das Produkt letztlich gar nicht genutzt wird, dann ist es auch der Ausstoss von CO2. Wenn wie in der Schweiz in der Gastronomie 44 Prozent der Nahrungsmittel als Food Waste im Abfall landen, dann heisst das eben auch: 44 Prozent weniger Lastwagenfahrten wären nötig, oder zumindest kleinere Fahrzeuge und damit auch ein kleinerer Energieverbrauch. 

 

Zeiten und Wege

Saisonal und regional, wenn beides zusammenkommt: brutal lokal. Die konsequente Umsetzung ist nicht einfach: Oliven-Öl, das gibt es an den meisten Orten genauso wenig wie Fisch aus dem Meer. Saisonal schont die Natur, weil die Pflanze ohne grössere Umstände und damit Ressourcenverbrauch wie Wärmefolie, Heizung, starke Bewässerung wächst. 

 

Regional ist ökologisch höchst wertvoll, weil auf lange Wege verzichtet werden kann, also einen hohen Energieverbrauch beim Transport. Doch Vorsicht: Was zwar saisonal und regional geerntet wird, wie z.B. Äpfel im Sommer in Deutschland, Österreich und der Schweiz, ist verlässlich nur dann nicht-regionalen Produkten vorzuziehen, wenn sie auch gleich verzehrt und nicht lange gelagert werden. Die monatelange Kühlung von Äpfeln verbraucht bspw. mehr Energie als der Transport von frischen Äpfeln aus fernen Ländern. Und wenn dann noch der lang gekühlt Apfel im Müll landet: Waste.

 

Verpackungen

Kühlung, Transport, und dann noch Verpackungen. Doch nicht jede Verpackung ist nötig. Und nicht alles was verpackt wurde, wird auch genutzt. Kleinstpackungen für Saucen oder Plastik-Besteck, Servietten oder Behälter beim Home-Delivery sind nur einige Beispiele für oft nur einmal oder gar ungenutzte Verpackungen. Wer einmal für eine ganze Runde nach Hause hat liefern lassen, der weiss, wie viel Müll bereits wenige Menschen bei einer Delivery-Mahlzeit verursachen. Und oft fliegt mit der Verpackung auch der Inhalt weg: Den Soja-Saucen-Fisch aus Plastik kennt wohl jeder als Beispiel für Food Waste. 

 

Beim Home-Delivery entsteht mehr Müll als einerseits beim Kochen zuhause, andererseits beim Essen im Restaurant. Home delivery ist auch einer der treibenden Gründe, warum während der Pandemie Privathaushalte 20 Prozent mehr Müll angehäuft haben. 

 

Food Waste reduzieren: Einsparung ohne Einschränkung

 

All die Beispiele und Ursachen für den oft sogar unnötigen Ressourcenverbrauch, sind genau die Stellen, wo angesetzt werden kann, um (Food) Waste zu vermeiden.

 

Wir essen und trinken, müssen das tun, ist so. Ohne Verbrauch geht es nicht. Und ein “Dann fresst und sauft halt nicht so viel” mündet schnell ins Totalitäre. Sollten wir uns gar weniger bewegen, also weniger Kalorien verbrauchen und damit auch weniger Nahrung bzw. Ressourcen? Viel gewonnen ist allerdings schon, wenn wir nur wirklich nutzen, was auch hergestellt wird: Food: Ja. Food Waste: Nein! 

 

Es muss einfach wiederholt werden. Food Waste hat riesige Ausmasse. Insgesamt bleiben 37 Prozent der produzierten, gehandelten, gekauften und zubereiteten Nahrungsmittel ungenutzt. In der Gastronomie beträgt der Food Waste sogar 44 Prozent. Und das gleiche gilt für alle anderen Ressourcen auch. Ganz ohne Waste wird es nicht gehen. Das Einsparpotential beim Food Waste ist jedoch riesig. Und zwar ohne dass auf Genuss oder Komfort verzichtet werden muss.

 

Wie in der Gastronomie Food-Waste reduziert werden kann

 

Gute Karten haben

Bereits bei der Zusammenstellung der Karte kann das Risiko für Food Waste minimiert werden. Je heterogener und umfassender die Karte, desto eher besteht die Gefahr, dass Zutaten und Produkte, die nur in einem Gericht Verwendung finden, verderben statt verzehrt werden. 

 

Oft ist weniger also mehr. Besser eine kleinere Karte, die dafür häufiger wechselt, was gleichzeitig auch eine saisonale Küche erlaubt. Und das ist kein Nachteil. Denn eine wirklich saisonale Küche steht hoch im Kurs. Erdbeeren, Spargel - wie freuen sich die Gäste drauf, wenn das wirklich die Zeit ist, die Produkte also frisch, von nah, und am Besten sind.  

 

Schlachtplan

Wie viel Flusskrebse? Wie viel Flusskresse? Selbstverständlich kann man nicht jeden Tag bis auf das letzte Minzblatt planen. Und Flusskrebse kann man auch nicht à la Minute fortpflanzen, falls zu wenig, oder wieder auswildern, falls zu viel. 

 

Standard sind heute Reservierungssysteme mit Massnahmen gegen No-Shows, insbesondere bei Gruppenreservierungen. Die Auslastung ist also bekannt. Nur falls das Restaurant nicht ausgebucht ist, kommt noch ein variabler Anteil hinzu. In der Regel kann der allgemeine Bedarf, wie viele Gerichte verkauft werden, gut eingeschätzt werden. Auf Ebene einzelner Gerichte ist die Unsicherheit hingegen erheblich grösser. Also werden insgesamt mehr Gerichte als nötig eingeplant, damit alles immer verfügbar ist. Und da fällt auch der Food Waste an. 

 

Gäste-Daten sind ein weiterer Schritt für eine bessere Einschätzung des Bedarfs. Wenn die Vorlieben der Gäste bekannt sind - allein das Wissen, ob vegan, vegetarisch oder Fleischesser ist ein grosser Schritt - kann der Bedarf an Zutaten und Produkten besser eingeschätzt und damit Food Waste vermieden werden.

 

Ein richtiger Sprung ist dann die Reservierung inklusive Vorbestellung. Dann weiss man genau, wer an den Tisch und was auf den Tisch kommt. Auch wenn die Vorbestellung nicht obligatorisch ist, sondern optional angeboten wird und nicht von allen genutzt wird: Der Bedarf der Zutaten kann so besser eingeschätzt werden. Und obendrein erfährt man so auch, was der Gast gerne hat, kann diesen also entsprechend adressieren und Up-Selling  im Restaurant oder Webshop betreiben.

 

Avantgarde - also auch umstritten -  ist Dynamic Pricing als Alternative zur Vorbestellung. Dabei werden Angebot und Nachfrage mittels variierender Preise in Einklang gebracht. Noch viel Lachs da? Dann wird der Preis für den Lachs reduziert. Noch viele Plätze frei, dann wird ein Rabatt oder Extra gewährt. Auch so kann Food Waste vermieden werden. Die Produkt-Kosten fallen also geringer aus, und die Gäste verlassen das Restaurant mit einem guten Gefühl, sind dabei gut weggekommen, kommen also dahin gerne wieder.

 

Food Waste entsteht aber nicht nur bei der Planung seitens des Restaurants, sondern auch bei einer Fehleinschätzung des Gasts, z.B. wie gross der Hunger ist. Häufig bestellen Gäste mehr als sie essen. Das mag kurzfristig Umsatz bringen. Gäste danken es aber auch mit grosser Zufriedenheit, wenn der Service darauf hinweist, dass die aufgegebene Bestellung sehr umfassend ist und ggf. ein oder zwei Gerichte gestrichen werden sollen. Auf Seite des Gasts schont es den Geldbeutel, und sie kommen eben gerne wieder um die beim ersten Besuch nicht bestellten Gerichte dann noch zu probieren. 

 

Food Waste lässt sich auch vermeiden, wenn der Gast die Reste mit nach Hause nehmen kann. Unumstritten ist das jedoch nicht. Die meist genutzten Einweg-Verpackungen verbrauchen eben auch Ressourcen. So dies angeboten wird, dann sollte unbedingt auf ökologisch nachhaltige Verpackungen gesetzt werden, z.B. kompostierbare Verpackungen aus Speisestärke statt aus Styropor oder Plastik. 

 

Fazit


Food Waste im heutigen Ausmass muss nicht sein. Je weniger eingesetzt wird, je weniger übrig bleibt, ob im Keller oder auf dem Teller, desto besser. Und nebenbei, wenn mit den richtigen Tools automatisiert umgesetzt, ist das nicht einmal ein höherer Aufwand, bei geringeren Kosten für Einkauf, Lagerung und Verarbeitung. Einer der Gründe, warum neue Technologien die Gastronomie erobern.

Allein die Sensibilisierung für das Thema über sogenannte Green Days hilft schon deutlich dabei, Food Waste zu vermeiden und die Entwicklung vom “All you can eat” zum “Order what you eat” voranzutreiben.




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